IEM Podcast – Episode 19: Protektionismus setzt Welthandel unter Druck

Protektionismus setzt Welthandel unter Druck

Topic: Protektionismus setzt Welthandel unter Druck

Gespräch mit Stephan Werhahn, Vorstand des IEM und Dr. Ulrich Horstmann, Vorstandsmitglied des IEM 

Anlass: Beiträge in der FAZ: „Das neue Zoll-Zeitalter“, von T. Piller, P. Welter und H. Kafsack, 05.10.2024 und „Der Irrweg des Protektionismus“, von R. Ossa, 07.10.2024.

Weiterer Anlass: Arbeit an politischen Lösungen und Strategien des IEM zur Stärkung des Freihandels

Ergebnis: Der protektionistische Weg verhindert Wohlstand. Die Wirtschaftsbeziehungen würden von Politikern in autokratischen Staaten mehr und mehr mitbestimmt. Große Staaten, die – wie die USA und China – technologisch führend sind und über einen guten Zugang zu Rohstoffen haben, würden den Welthandel bestimmen. Statt des zunehmenden Bilateralismus mit Sondervereinbarungen großer Staaten und Blöcke brauchen wir eine Belebung der WTO und damit ein klares Plädoyer für internationalen Freihandel. Dafür sind von Seiten der EU folgende Schritte notwendig:

  • Mehr Geschlossenheit in der EU zur Sicherung des Freihandels innerhalb und außerhalb der EU ist notwendig. Die große Stimme des Freihandels, das Vereinigte Königreichs, fehlt derzeit. Umso mehr müssen die französischen und südeuropäischen Partner überzeugt werden, dass sie bei einem Handelskrieg mit China – aktuelles Beispiel ist die Blockade von preisgünstigen E-Autos aus China mit Zöllen – auch verlieren würden, nicht zuletzt auch die Verbraucher in der EU.
  • Verstärktes Verhandeln mit den USA, vor allem mit der im November neu gewählten Regierung, um zum Prinzip des Freihandels zurückzukehren.
  • Das gilt auch für China, das derzeit am ehesten ein Interesse an offenen Märkten besitzt. Zunehmender Protektionismus bedroht den Wohlstand ihrer Bürger. Das würde innenpolitisch zu Spannungen führen.
  • Gegenüber den Staaten Osteuropas sollte die Perspektive, an freien Märkten zu partizipieren, in den Mittelpunkt gestellt werden. Das könnte auch die politischen Konflikte entkrampfen. Auch für Russland sind die Kosten des Protektionismus auf Dauer viel zu hoch. Der Verlust an Wettbewerbsfähigkeit wiegt auf Dauer schwerer als militärische Erfolge.

Soweit die Ergebnisse des Gesprächs.

Wir sollten weiter über den Tellerrand hinausschauen. Wir sind derzeit in einer gefährlichen Phase von sich möglicherweise zuspitzenden Handelskriegen. Das Protektionismus und Krieg eine fatale Allianz bilden, ist lange bekannt. Sehr lesenswert ist in diesem Zusammenhang die Dissertation von Edward Tenenbaum mit dem Titel „National Socialismus vs. International Capitalism“[1] aus dem Jahr 1942, die wieder neu aufgelegt wurde. Tenenbaum wollte mit seiner Arbeit die Amerikaner davon überzeugen, dass freie Märkte Freiheit und Wohlstand fördern, die protektionistische Politik der Nationalsozialisten dagegen zerstörerisch ist[2].

Tenenbaums Analyse war richtig. Auch im Sozialismus der Ostblockstaaten war ein fairer Handel unter Gleichen nicht möglich. Er ist 1989/1990 gescheitert. Tenenbaums Warnungen sind angesichts der sich neu herausbildenden autokratischen Regime aktueller denn je. Der Rückfall in den Bilateralismus schafft ein zusätzliches Einfallstor für Regierungen, die Wirtschaft in ihrem Sinne zu gestalten. Das schafft allenfalls temporär Vorteile. Die EU sollte sich hüten, diesen negativen Beispielen zu folgen. Eine verstärkte Deglobalisierung führt auf Dauer nicht nur zu Wohlstandsverlusten. Freiheit und Demokratie werden dann üblicherweise auch noch eingeschränkt oder ganz unterdrückt.

IEM-Team, 22.10.2024

[2] Edward Tenenbaum war später führend mit der Organisation der Währungsreform in Deutschland 1948 befasst, vgl. Stefan Merx: Ein junger US-Leutnant zog die Fäden, welt.de, 15.06.2008.

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